Rückfall in den Rumpeljournalismus

?Ein fades und langweiliges Spiel?, sei es gewesen, sagt der Sportchef einer der größten Österreichischen Zeitung, des Kuriers im Interview mit dem Deutschlandfunk. Dass ist irritierend, denn die großen online-Portale von Stern, Welt und Spiegel sprechen von einer Zitterpartie! Was denn jetzt, zittern oder Langeweile?

Cordoba wäre eine unbedeutende Fußnote geworden, wäre der Austria-Elf gestern ein Sieg gelungen. Die Bedeutung des Spiel für die deutsche Fussball-Geschichte ist allerdings weniger wichtig. Und trotzdem haben diejenigen, für die es um das Allerallergrößte ging ? nämlich die Österreicher – sich gelangweilt, während die deutschen Sportjournalisten die rot-weiß-roten „Angriffswellen“ nur zähnekauend überstanden? Wovor haben die eigentlich gezittert, dem berühmten österreichischen Doppelschlag? Dass vielleicht der Sieg – nicht aber das Weiterkommen – noch hätte in Gefahr geraten können sei dahingestellt. Aber dieser diskursive Trick – das Ausreichen eines Remis zu verschweigen, ermöglicht das ganze Zittersieg-Tamtam.

Wie so oft sagt die Berichterstattung weniger über das Ereignis, als über das Selbstverständnis der Berichtenden aus. Dass der Gastgeber, der mit großer Leidenschaft gegen Polen und Kroatien an fehlender Cleverness vor dem Tor gescheitert war, sich eigentlich keine echte Torchance über 90 Minuten erspielte ? unerheblich.

Nichts drückt die als Kritik getarnte Arroganz besser aus, als der Aufmacher von Spiegel-online heute morgen: ?Löws Elf droht Zitterpartie gegen Portungal?! Ja das ist wirklich unglaublich, dabei sollte es doch selbstverständlich sein, dass man eine Truppe mit dem Superstar der EM mit zusammengebunden Schnürsenkel aus dem Stadion jagt, oder?

Symptomatisch ist dies an der Kritik an Metzelder. Da man ihm keine großen Patzer zuweisen kann, wirkt er jetzt halt irgendwie unsicher. Wie dieses Wirken zustande kommt? Wenn Metzelder im Spiel gefordert ist, führen die Vorbehalte gegen ihn zur Empfindung des Gefühls der Unsicherheit im Kopfe des Berichterstatters. Self-fullfilling-prophecy nennt das die Sozialwissenschaft. Hat mit Metzelders Abwehr verhalten eher weniger zu tun.

Die Innenverteidigung stand hervorragend, dies war auch ein Grund, warum österreichische Flanken keine Abnehmer fanden.

Es ist ja richtig: Verglichen mit dem niederländischen Feuerwerksfußball und der spanischen Fußballkunst, war die deutsche Vorstellung bieder ? aber effektiv. In Italien und Frankreich wird man das vielleicht verstehen.

P.S.: Das es auch anders geht, zeig ausgerechnet die Deutschlan im Allgemeinen doch sonst hyperkritsche taz. Der Sieg wird als „dürftig“, die Innenverteidigung „nicht gefordert“ und das Tempospiel als „selten zu sehen“ bezeichnet.

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1 Kommentar zu „Rückfall in den Rumpeljournalismus“

  1. DFan73 sagt:

    Absolut richtig die Analyse… ich find“s nur erschreckend, wieviele Leute sich von den Kommentaren und der Spielberichterstattung anstecken lassen. Viele mit denen ich geredet habe, meinten es wäre ein schlechtes Spiel der Deutschen gewesen, man hätte Glück gehabt und die deutsche Abwehr hätte mal wieder schlecht gestanden (häh?) besonders Metzelder (Doppel-häh?)
    Komisch wie die Berichterstattung die Wahrnehmung des Spiels verzerren kann.

    P.S.: Super-Blog! Weiter So!

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