Urlaub im Tessin

Wie kann man sich eigentlich den Arbeitsalltag von Sportjournalisten vorstellen? Nun, man sitzt zusammen bei der Pressekonferenz, man sitzt zusammen auf der Pressetribüne und ganz Wagemütige fragen von Zeit zu Zeit auf der Suche nach O-Tönen Spieler, Funktionäre oder Passanten Suggestivfragen, die diese auch brav fast ausschließlich im Sinne der Suggestion beantworten. Abends sitzt man dann noch beim Bierchen oder Viertele zusammen und plaudert mit – richtig – anderen Journalisten, denn Jogi rückt ja unverschämterweise nicht mit der Aufstellung raus. Nun es ist also wahrscheinlich nicht böse Absicht, dass sie sich für den Nabel der Sportwelt halten, aber unangenehm ist das schon:

„Hat sich der Charakter des Aufenthaltes geändert?“, fragt doch tatsächlich Günther Klein vom Münchener Merkur auf der DFB-Pressekonferenz nach dem Kroatienspiel, und begründet diese Frage damit, dass es in den letzten Tagen ja größtenteils bloß um das Freizeitprogramm der Spieler gegangen sei. So viel Chuzpe muss man erstmal haben: Weil die Herren Journalisten jetzt wieder Fragen zum Thema Fußball stellen, und nicht wie der Kollege von Sat1 zwischen dem Polen und dem Kroatien-Spiel, ob denn auch Spieler die nahegelegene Möglichkeit zum Bungee-Jumping nutzten würden, ja diese Rückbesinnung der Journalisten, die ist ja wohl ein klarer Beleg dafür, dass bei den SPIELERN jetzt endlich wieder klar ist, dass man hier nicht im Urlaub ist. Ja, Herr Klein, damit haben sie uns allen immerhin klar gemacht, wie ernsthaft sie ihren Urlaub – äh – ihre Dienstreise am Lago Maggiore verbringen. Über den Alltag der Nationalspieler haben damit allerdings weder wir noch sie irgendwetwas erfahren.

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