Archiv für die Kategorie „Allgemein“

„Die schlechteste Innenverteidigung des Tuniers“

Dienstag, 1. Juli 2008

… nennt Frank Loer in der Printausgabe des KSTA das Duo Metzelder / Mertesacker. Erstaunlich – zumal er weiterhin – sicherlich richtig – konstatiert, dass es den Deutschen an individueller Klasse gemangelt habe. Wie ist es aber dann möglich ins Finale einzuziehen?

Wenn es um die Fortschrittsverweigerung im deutschen Fußball geht, dann wird gerne an den Hohn und Spott erinnert, den Ralf Rangnick erntete, nachdem er im Aktuellen Sportstudio an Hand einer Taktiktafel die Funktionsweise der 4er-Aberkette erläuterte. Hohn und Spott von wem eigentlich? Wer hat denn jahrelang nach jeder Niederlage beliebiger Mannschaften mit modernen Defensivkonzepten die 4er-Abwehrkette als Kopfgeburt aus dem Taktik-Elfenbeinturm diskreditert? Fans, Spieler, Trainer oder vielleicht doch vornehmlich Sportjournalisten, die offensichtlich heute immer noch nicht wirklich wissen, wie man in einer Abwehrkette spielt.

Dass Beispielweise Metzelder Schuld am 1-0 durch Torres sei, das ist nur durch Werner-Lorant-Vorstopper-spielt-gegen-Mittelstürmer-Denken zu erklären. Wer sich das Tor anschaut, der sieht, dass Lahm besser zum Gegenspieler steht und deshalb Metzelder den Raum deckend in der Mitte mitläuft.


Video

Das Tor ist ein klassisches Missverständnis. Die Defensive wähnt sich in Sicherheit (Zwei gegen Einen plus Lehmann) und dadurch versäumt Lahm endgültig zu klären.

Die ganze Art der Infragestellung von Metzelder offenbart das fragwürdige Defensiv-Konzept der Berichterstatter. Während Metzelders Stellungsspiel und Organsiationsfähigkeit gelobt wird, ist seine mangelnde Fitness das Gegenargument. Stellungsspiel und Organisation ist aber bei einer Raumdeckung das Entscheidende. Für die Journalisten scheint dies nur das Sahnehäubchen im Spiel Mann gegen Mann zu sein. Sie sollten sich nochmal die Lehrstunde von Rangnick anschauen!

P.S.: Gerne werden auch Metzelders Ausflüge in die Offensive kritisiert! Auch hier das klassischen Werner-Lorant-Denken: Verteidiger verteidigen, Stürmer stürmen. Ein guter Journalist hätte die unzähligen Möglichkeiten genutzt mal Metzelder/Löw/Flick/… zu fragen, ob dies eine taktische Variante gewesen sei und wie man ihren Erfolg einschätze. Stattdessen wird einfach selbstverständlich davon ausgegangen dass der Verrückte aus der Innenverteidigung jetzt auch noch unkontrolliert nach Vorne läuft!

Wer 1:0 führt der stets verliert…

Montag, 30. Juni 2008

ist eine angebliche Fußballerweisheit, die diese EM völlig wiedermal auf den Kopf stellt. Bei 21 von 31 Spielen stimmte dies nicht. Nur die viermal wurde ein Spiel gedreht, von der Türkei, Deutschland und Spanien, im „Freundschaftsspiel“ gegen die Griechen. Das einzige was die Spanier von einer perfekten EM trennt, ist, dass sie gegen Italien ein Elfmeterschießen benötigten, und dass es in ihrem gedrehten Spiel um nichts mehr ging. Aber das ist Kritelei auf höchstem Niveau, denn was die Spanier geschafft haben – alle Spiele gewinnen – ist überhaupt erst einmal einer Mannschaft gelungen: 1984 den Franzosen, allerdings im eigenen Lande.

Insofern war das Endspiel nach dem 1:0 durch Torres praktisch vorentschieden. Bis zur spanischen Führung war das Spiel noch einigermaßen ausgeglichen. Zwei gefährlichen Straftraumszenen der Spanier stand ein teilweise druckvolles deutsches Pressing gegenüber, dass die Meister des Kurzpasses teilweise zu planlosen Bällen nach vorne zwang. Dannach gabs für Jogis Jungs nichts mehr zu hohlen.

Der größtenteils attraktive Fußball der fußballerisch besten EM aller Zeiten, dürfte allerdings durch die Angst in Rückstand zu geraten gefährdet sein. Wie Spiele aussehen, in denen beide Seiten dies verhindern wollen, haben dieViertelfinales Kroatien-Türkei und Spanien-Italien gezeigt.

The Winner is…

Samstag, 28. Juni 2008

Viele Zeitungen fragen gerne ihre Leser „Wer wird Europameister?“. Was erfährt man eigentlich dann darüber – etwa wer Europameister wird? Natürlich nicht, aber man erfährt etwas über die Leser der Zeitung!

Nicht ganz überraschend sieht die linke taz-Leserschaft die Deutschen am schwächsten. Wohl alte Internationalisten-Liebe, no paseran! Trotzdem liegt schwarz-rot-gold selbst hier vorne.

Ebenso die Rundschau-Leser (als Prognose-Börse)! Die rechts-konservativen Blätter Welt und FAZ haben hingegen CSU-Ergebnisse für den deutschen Titelgewinn. Soviel Zuversicht selbst bei der Linken, das ist angesichts der internationalen Wettquote auf betfair (1.64 Spanien / 2.4 Deutschland) dann doch erstaunlich. Nicht erstaunlich ist hingegen, dass die alte SED-Postille NEUES DEUTSCHLAND keine Umfrage geschaltet hat. Den Sinn von Volksbefragungen hat man in diesem politischen Spektrum ja nie verstanden.

Zum Schluss noch Revolutionäres aus England:

Dabei geht es hier gar nicht darum wer gewinnen wird, sondern wer gewinnen soll!!!

Der GEZ-Staat

Samstag, 28. Juni 2008

Selten hat mich eine Umfrage so entsetzt: Finden Sie, dass die Reporter im Stadion was von der Sache verstehen? Das wollte ein Institut IM AUFGRAG VON ARD UND ZDF von den deutschen Fernsehzuschauern wissen. Überraschendes Ergebnis: 87 Prozent sagen „Ja“.

Ich spare mir jeden Kommentar und verweise auf die Leser von welt-online.

Bringt ihn Heim!

Samstag, 28. Juni 2008

Der EXPRESS auf einen wichtigen Umstand aufmerksam:

„Erst wer dreimal nacheinander oder fünfmal insgesamt den Titel gewinnt, darf den ?echten? Pokal behalten. „

Mit anderen Worten, der Wurst-Uli ist schuld, dass wir ihn nicht schon längst haben, weil er den 11er ““““76 in den Belgrader Nachthimmel jagdte. Aber zumindest ist jetzt klar, welchen EM-Song Olvier Pocher 2012 singt: „Bringt ihn endgültig Heim!“

Laufbereitschaft vom Feinsten

Freitag, 27. Juni 2008

„Das Finale wird vom Feinsten“ findet Klaus Theweleit von der taz und glaubt, dass das Führungstor der Spanier die Vertikalpass-Ideologie von Klinsmann-Löw wiederlegt:
Mit zwei, drei schnellen Spielzügen nach Balleroberung überfallartig im gegnerischen Strafraum aufzutauchen, ist nicht immer das Rezept zum Tor. Die Spanier zeigten gegen Russland, wie das modifiziert werden kann. Ihr Führungstor fiel nach 15 eigenen Ballberührungen. Der Ball war dabei nicht erobert worden, er kam vom eigenen Torwart.

Sehr schlau beobachtet Herr Theweleit, davor aber irrt er, wie so viele andere:

Gegen unterschätzte Teams (Kroatien, Türkei) war die Laufbereitschaft miserabel. Gegen das Team, wo die meisten psychischen Hemmungen bestanden – Österreich: Angst vor einer zweiten Blamage à la Cordoba – war sie immerhin mäßig….im Auftaktspiel gegen Polen war die Mannschaft läuferisch voll da. Sehr gut aber nur da, wo der Gegner klar favorisiert war: gegen Portugal.“ Das klingt zunächst auch schlau, stimmt aber nicht. Der Kernfehler dieser Analyse ist es, die Laufbereitschaft als abhängig von der Einschätzung der Stärke des Gegners zu sehen. Wie sollen wir uns das vorstellen? Poldi steht auf dem linken Flügel und könnte sich gegen die Kroaten freilaufen, denkt dann aber, „ach die Kroaten, für die wird““s schon noch reichen“? Die Laufbereitschaft hängt davon ab, wie gut man aufgestellt und „im Spiel“ ist. Wenn man glaubt sich freilaufen zu können, dann macht man das mit wenigen Ausnahmen als Fußballer auch. Genau das macht ja Fußballern Spaß, freilaufen und Tore schießen. Die Laufbereitschaft sinkt dann, wenn man keine Option sieht, wo man denn hinlaufen könnte, um angespielt zu werden. Wenn es nicht läuft, läuft man nicht. Für das man sie die Spieler verantwortlich, für das es der Trainer!

Wenn Löw also die Laufbereitschaft gegen die Kroaten bemängelt, dann kaschiert er damit, dass er gegen die Taktik von Bilic nichts in der Hand hatte. Außer mit Odonkor einen Kontorspieler in einem Spiel einzuwechseln, in dem nicht gekontert wurde. Das war schwach, aber das hat er selber zugegeben und das war stark.

Gegen die Türken lief es gar nicht rund, und Löw entschied sich nichts zu tun. Das Ergebnis gab ihm recht.

Gegen die Portungiesen hingegen hat er Scolari mit seinem Systemwechsel überrascht. Was heißt das fürs Finale?

Für Deutschland spricht, dass Spanien der Favorit ist, und offensiv spielt. Gegen Deutschland spricht, dass Spanien gerne (z.B. in der zweiten Halbzeit gegen Russland) im 4-1-4-1 spielt, dem System der Kroaten und Türken gegen Deutschland.

Die Vorraussage, dass Deutschland als „Defensivmaschine mit Kopfballwunder“ ist also wiederum ganz schön schlau, aber nicht von Theweleit, aber auch aus der taz.

„Lotti auf der Flucht“

Freitag, 27. Juni 2008

Parallel zum deutschen Halbfinalspiel lief auf der ARD die Komödie „Lotti auf der Flucht“. Na, kennen sie jemanden der das gesehen hat? Nein? Es waren aber immerhin über 2,5 Millionen Fernsehzuschauer. Und wäre Lotti die Spitzenkandidatein einer Partei, sie würde in den Bundestag einziehen, denn angesichts von ca. 47 Mio. Wählern, die ihr Wahlrecht ausüben, käme Lottis Partei auf 5,2 %. So allmächtig ist der Fußball dann wohl doch nicht. Sonntag abend kommt übrigens auf dem ZDF das Traumschiff, diesmal auch mit Bild.

Arroganter Ballack?

Mittwoch, 25. Juni 2008

„Zwölf Minuten dauerte es gestern, bis Ballack bei seinem Auftritt erstmals den Halbfinalgegner erwähnte“, heißt es im ansonsten gar nicht so schlechten Sportteil der taz.

Zum Glück kann man ja die Pressekonferenzen live im TV verfolgen und damit den Journalisten bei der Arbeit zusehen. Wieso hat also Ballack solange von allem geredet, nur nicht von den Türken. Nun, die anwesenden Reporter hatten halt Fragen zum deutschen System, zur Verletzung von Thorsten Frings und zum sensationellen Geschwindigkeitsrekord von Ballack. Auf alle diese Fragen antwortete er langmütig, manchmal lies er auch durchblicken, für wie relevant er dies alles hält: «Statistiken sind so eine Sache. Es ist eben auch ein Ball dabei, und da ist es wichtig, dass man den trifft ? ab und zu wenigstens.»

Nun denn, nach 12 Minuten kam also die erste Frage zum Spiel bzw. dem Gegner und Ballack lächelte kurz und sagte: „Das ist jetzt die erste Frage zum Spiel, oder?“

Es ist schon äußerst verkommen und nierderträchtig diesen Kommentar Ballacks zum Frageverhalten der Journalisten als eigene Erkenntnis zu verkaufen, und dieses Frageverhalten der Journalisten dann auch noch als Beleg für Ballacks Beschäftigung mit dem Gegner zu benutzen. Pfui Teufel, Taz!

Aber wie man hier und hier und hier sehen kann, auch nicht wirklich überraschend!

Italien scheidet aus – Hurra, Deutschland ist Europameister!!!

Sonntag, 22. Juni 2008

Nach dem Ausscheiden der traditionellen Spielverderber deutscher Erfolge, kann der deutschen Mannschaft der Titel nicht mehr genommen werden. Obwohl – Italien ist eigentlich nur bei Weltmeisterschaften erfolgreich. Tja, manche Dinge ändern sich eben doch nicht. Also rauf auf die Straße und Hupen, am Sonntag Abend den Titel feiern kann schließlich jeder!

Rumpelfußball – Was ist das eigentlich?

Mittwoch, 18. Juni 2008

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Sucht man bei Google, nach „Rumpelfußball“ findet man immerhin über 6.000 Treffer – nicht schlecht für einen Neologismus der noch keine 10 Jahre alt ist. Sucht man nach einer Definition des Wortes, wird man allerdings nicht fündig. Immerhin erfährt man die englische Übersetzung, „scrappy football“. Dass die Engländer dafür einen Begriff haben, überrascht dann allerdings weniger, eher, dass es nur einen einzige gibt.

Was ist also Rumpelfussball. „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache“, sagt Heidegger. Wie wird der Begriff denn nun gebraucht?

Rumpelfussball wird nur von großen Nationen gespielt.

Wer erinnert sich nicht an die sympathische Truppe aus Trinidad&Tobago? Reggae-Rhythmen, karibische Lebensfreude und eine 10-0-0 Taktik, mit der England und Schweden in die Verzweiflung getrieben wurde. Dagegen war Ottos Siege bei der EM 2004 derTriumph naiven Offensivfußballs.

Warum beschwerte sich aber niemand über diesen Flußball? Och, die sind doch noch so klein, die dürfen das!
Stattdessen wurde den Engländern, die praktisch permanent mit beinahe allen Spielern in der gegnerischen Hälfte standen, ihr Rumpeln vorgeworfen.

Und am Montag? Am Montag musste Österreich gewinnen und stand bei deutschem Ballbesitz 10 m hinter der Mittellinie. Von Forechecking keine Spur. Es war der Versuch einer Kopie der Taktik der Kroaten, nur fehlte ein klitze-kleines Detail, Österreich führte nicht!

Es war beruhigend zu sehen, dass die deutschen den Gegner ernst nahmen und nicht versuchten, Sesselfurzer in deutschen Wohnzimmern und ihre Pendants auf der Presse-Tribune zu UNTERHALTEN, sondern das Spiel einfach zu gewinnen. Ein leidenschaftlich stürmendes Österreich hätte ein schön konterndes Deutschland zu Folge gehabt. Österreich spielte zu Hause und brauchte am Ende sogar 2 Tore zum Weiterkommen. Und trotzdem haben sie nicht alles nach vorne geworfen. Wer ein Spiel so drehen will, wie es die Türken gegen dieTschechen getan haben, der muss auch riskieren völlig ausgekontert zu werden – wie es eben die Türken auch gemacht haben.

Bleibt das Spiel gegen Kroatien.

40% Ballbesitz
31 % Zweikämpfe
7:7 Ecken
5:5 Toren

aber 12:11 Torschüsse

Quelle: Eurosport

Ist das Rumpelfußball? Also da tut man den Kroaten sicherlich Unrecht, obwohl der Treffer zum 2:0 nun wirklich alle Vorraussetzungen erfüllt, um als Paradebeispiel eines Rumpelfußballtores durchzugehen: Eine abgefälschte Flanke geht – nein nicht ins Tor, denn dann hätte Lehmann gehalten – gegen den Pfosten, um dann dem einen kroatischen Stürmer und nicht den 2 deutschen Verteidigern genau vor die Füße zu fallen. Also Ronaldo hätt““““ den nicht besser machen können!

Natürlich hat niemanden den Kroaten Rumpelfußball vorgeworfen, aber so toll lief der Ball bei ihnen nun auch wieder nicht, abgesehen von einigen schönen Angriffen. Aber die Kroaten hatten gegen Österreich ganz schwach ausgesehen und galten bei Vielen vor allem nach dem starken deutschen Auftritt gegen Polen kaum mehr als Kanonenfutter. Das gilt aber vor allem für die Presse, vielleicht aber auch fürs deutsche Team.

Man könnte natürlich auch über planlose, lange Bälle auf die Spitzen und fehlende Kombinationssicherheit reden. Aber dafür müsste man erstmal sich an die größter Fußballweisheit aller Zeiten erinnern.

„Beim Fußballspielen verkompliziert sich alles durch das Vorhandensein der gegnerischen Mannschaft.“ (J.P. Sartre) Rumpelfußball ist nie die Leistung einer Mannschaft, sie entsteht im Wettbewerb mit einer anderen.

Nehmen wir Spiele gegen Paraguay. Wer als Favorit gegen eine solche Beton-Mannschaft antritt, der muss zwar nicht scheitern, aber wird nachher von der eigenen Presse zerrissen: England 2006 – Deutschland 2002 – Frankreich 1998
Spiele praktisch ohne Torchancen.

Aber Paraguay hat sich zum Glück nicht für die EM qualifiziert.